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2. Etappe

Am 3.Juli stand die Ötztalmarathonrunde auf dem Programm.

Etwas verlängert, wegen den geforderten Höhenmeter und der Einstieg in die Runde ist nicht in Sölden, sondern am Fuße des Timmelsjoch. „Ein sehr heißer Tag, der sich am Ende hin so in die Länge zog, dass ich gerade noch vor Einbruch der Dunkelheit den Jaufenpass überqueren konnte. Da ich kein Licht am Rad hatte und der Tag für mich eh schon sehr lange war, werde ich vom Betreuer abgeholt und fahre die letzten 30 Kilometer zum Nachtlager im Auto. Die Höhenmeter waren locker geschafft, Zweites Ziel abgehackt. Ich fühle mich am Ende sehr gut auch wenn ich zwischendurch mal einen Durchhänger hatte. Aber genau das passiert auf so langen Etappen immer wieder mal. Entscheidend ist, ob der Wille stark genug ist um diese Tiefs zu überwinden.


3. Etappe plus Übergangsetappe

Am 4 Juli steht lediglich eine Übergangsetappe von Naturns nach Wolkenstein an. 95 Kilometer und 1800hm sind in dieser Woche eher eine Regenerationseinheit. Leider regnet es auf der Fahrt doch sehr heftig und deshalb stellt die Fahrt dann doch eine ziemliche Belastung dar.

Am Morgen, des 5. Juli steht die berühmte „sellaronda“ auf dem Tourplan. Insgesamt muss Gerhard 6960 Höhenmeter radeln. Das bedeutet 4-mal um das Sella-Massiv. „Auf diese grandiose Bergwelt habe ich besonders gefreut. Es ist die bekannteste Region der Südalpen, Weltnaturerbe und Naturparadies. Über jeden Gipfel gibt es Mythen und Heldengeschichten.“

Um 06:00 Start in Wolkenstein. Auf der ersten Passhöhe zeigt das Thermometer am Sella-Joch um 6:30 Uhr nur 5 Grad. Eine Runde weist ca 1700 hm und 50 km auf. Die Fahrzeit der ersten Runde beträgt ungefähr 4 Stunden, also 12 Stunden für alle 4 Runden. Mit den Pausen wird das insgesamt um die 16 Stunden dauern. „Erst sieht es nach einem perfekten Tag aus, ich fühle mich gut. Doch plötzlich steht gegen Mittag am Grödner-Joch eine schwarze Wand vor mir. Es hilft nichts, ich muss weiter über den Pass auf die andere Seite zum Wohnmobil.“ Beim Übergang und auf der Abfahrt starker Regen mit Hagel. Umziehen, aufwärmen, auftanken, wenig Zeit verlieren und weiter. Eine Stunde später ist alles vorbei und der Rest der Tour wird wieder wunderbar. Am Ende muss noch die Beleuchtung montiert werden und Gerhard kommt kurz vor 23:00 Uhr am Ziel an.


4. Etappe

Am nächsten Tag, 6.Juli, steht der Großglockner auf dem Plan. Es warten 5895 Höhenmeter auf ihn, das bedeutet mindestens 3-mal auf die den höchsten Punkt, die Edelweißspitze. „Wir fahren noch in der Nacht mit dem Wohnmobil nach Heiligenblut und kommen dort um 02:00 Uhr an. „Um 05:00 Uhr wirft mich der Wecker gnadenlos aus dem Bett und ich starte wie üblich um 06:00 Uhr meine Tour auf den Glockner um symbolisch den höchsten Berg Afrikas, den Kibo mit 5895hm zu bewältigen Das zweite Frühstück gibt es in einem Hotelrestaurant auf der Franz-Josepfs-Höhe, direkt unter dem höchsten Gipfel Österreichs. Die Temperaturen sind überall deutlich gefallen, es wird ein sehr kalter Tag. Um 11:00 stehe ich zum ersten Mal auf der Edelweißspitze. Der letzte Anstieg hat im Schnitt über 13 Prozent und ist mit Kopfsteinpflaster belegt. Danach geht es sehr flott hinunter nach Fusch. Am Fuße des Anstiegs dreht Gerhard um und radelt die 18km lange Strecke wieder hoch bis zur Spitze. Es ist bereits 16:00 Uhr, es wird richtig kalt, vielleicht kommt sogar Schnee. Jetzt fährt Gerhard wieder zur Südseite, zum Hochtor und wieder retour und zum dritten Mal rauf auf die Edelweißspitze. Somit kann ein Zwischenziel abgehackt werden. Es fehlen aber immer noch über 1000 hm. „Wegen der Kälte entschließe ich mich, den Rest der Aufgabe weiter unten am Berg zu meistern. So fahre ich bis zur Mautstation ab und dort dreimal etwas mehr als 300hm rauf und runter, allerdings auch im Regen. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kommt Gerhard in Bruck am Nachtlager an.


5. Etappe

Am Freitag, den 8.Juli ist Kraft am Berg gefragt. Viermal die berühmt-berüchtigte Bergstraße hoch bis zum Turm des Kitzbüheler Horn für den Mount Vinson in der Antarktis.  „Ich bin da noch nie hochgeradelt, aber die spontane Antwort, von jedem, dem ich von diesem Vorhaben erzählte war: weißt Du überhaupt, wie steil das ist? Somit war ich schon mal vorgewarnt.“ Trotz allem war dieser Tag einer mit den wenigsten Höhenmetern und deshalb auch der kürzesten Fahrtzeit. Um 06:00 Uhr sollte eigentlich der Start erfolgen. Wieder strömender Regen und am Laufe des Vormittags ist Wetterbesserung angesagt. Also wird der Start ausnahmsweise auf 7:30 verlegt. Es regnet noch genauso stark, aber jetzt muss es los gehen, sonst wird es wieder dunkel. Ein Hinweisschild am ersten Anstieg bestätigt „der steilste Radlerberg Österreichs“ Und dieser Hinweis ist nicht übertrieben. „Der Ruhetag hat offenbar den Tank wieder so stark aufgefüllt, dass die 1200 Höhenmeter bis zum Gipfel richtig Spaß gemacht haben und das bei allen vier Wiederholungen. Ich bin jeweils auf die Minute dieselbe Zeit hochgefahren. Ein richtig guter Tag, keine Überforderung und ein perfekter Einstieg in die letzte Phase der Challenge.


6. Etappe

Samstag, 09.Juli, es wartet der Denali mit seinen 6194 Höhenmeter, der höchste Berg Nordamerikas. Auf dem Plan steht dafür der Hochberg in Traunstein mit einem Anstieg von lediglich 180hm, der dafür aber 36-mal erzwungen werden soll. Das Wetter passt vom Sonnenaufgang bis zum Untergang und diese Zeit reicht genau, um das Ziel abzuhaken. Vom ersten bis zum letzten Anstieg hat Gerhard mindestens einen Radler an der Seite. Im Endeffekt wird an diesem Tag zwar eine extreme Leistung gefordert und erbracht, jedoch fällt es somit doch erheblich leichter. In der Nacht noch die Anreise nach Berchtesgaden, es wird spät und die Nacht für die Erholung fällt sehr kurz aus.

7. Etappe

Sonntag, der 10.Juli. „Der letzte Gipfel, der Everest steht imaginär vor mir. Für mich der Abschluss einer schier unglaublichen Reise. Zum einen eine symbolische Reise rund um den Globus und doch eine Reise in das Tiefste in mir. In diesem Moment blicke ich nicht zurück auf das bereits geschaffte. Das Einzige was heute zählt, diesen Gipfel zu erreichen.“

Es wird definitiv der längste Tag dieser Tour. Um nicht zu sehr in Zeitdruck zu kommen, möchte Gerhard sehr früh starten. Der Wecker läutet nach drei Stunden Schlaf um 03:00 Uhr. Es regnet in Strömen und draußen hat es unter 10 Grad im Tal. D.h. am Berg mindestens 5 Grad weniger. „Vor ein paar Tagen bin ich bei 35 Grad ins Schwitzen gekommen. Für mich immer wieder erstaunlich, mit welchen krassen Temperaturunterschieden mein Körper klarkommt.“

„Vor dem Start gibt es immer einiges zu tun und zu checken, bis ich dann endlich auf dem Sattel Platz nehme.“

Um 04:15 steigt Gerhard aus dem Wohnmobil in Oberau bei Berchtesgaden. Ein langer Tag und 8848hm wartet auf ihn. Hier darf er dafür 11-mal die 800hm an der Rossfeldhochalpenstrasse überwinden. „Ich habe tiefsten Respekt vor dieser Aufgabe zum einen und verspüre gleichzeitig immer noch den unbedingten Drang diesen Gipfel zu erklimmen. Ein Wechselbad der Gefühle.“

„Seit genau einem Jahr dreht sich fast alles um dieses hohe Ziel. Zuerst die Gedanken und die Träume. Dann die Planung, jede Trainingseinheit, die hohen Belastungen in der letzten Phase der Vorbereitung, die unterschiedlichen Themen rund um diese Challenge, die ja weit mehr bedeutet, wie nur eine sportliche Herausforderung. Und jetzt stehe ich hier mit meinem Rad, habe die meisten Hürden bewältigt, atme durch, kann es noch gar nicht richtig erfassen, was ich in den letzten Tagen alles erlebt und erfahren habe.“

Es regnet immer noch in Strömen, wie er um 4:25 Uhr auf das Rad steigt, in die Pedale einklickt und Richtung Berg lostretet. „Das Wasser läuft in Wellen über die Straße, es stört mich heute nicht. Ich finde mein Tempo, höre nur den Regen auf meiner Jacke und meinen Atem. Im Prinzip ist es sehr einfach, treten, treten, treten.“

Nach etwa einer Stunde kommt er auf dem Parkplatz auf 1520 HM an. Immer noch strömender Regen, 3 Grad, starker, eisiger Wind und eine Sicht von unter 50 Meter. „Bei der Abfahrt war es so kalt, dass ich mich entschieden habe die Taktik etwas zu ändern. So fahre ich weiter runter bis nach Unterau um bei den 200hm Auffahrt bis zum Verpflegungspunkt wieder etwas Wärme in meine Glieder zu bekommen. „Somit wird der Anstieg zu 1000 hm und er muss 9-mal die gesamte Strecke bewältigen. Nach einer einstündigen Pause zum Aufwärmen geht es zum zweiten Mal hoch, jetzt ohne Dauerregen. Oben ist es immer noch sehr kalt und neblig, aber bereits deutlich besser. Die nächsten beiden Auffahrten wird er von ein paar Radfahrern aus der Gegend begleitet, was es für ihn besonders heute deutlich einfacher macht.

Nach vier Auffahrten fängt das Kalkulieren an. Für jede Auf und Abfahrt mit etwas Verpflegungspause benötigt er ca. 2 Stunden. Mit zwei längeren Pausen dazugerechnet würde das bedeuten, dass, wenn sonst nichts dazwischenkommt, es insgesamt mindestens 20 Stunden dauern wird, bis er am Ende auf dem Everest Gipfel ankommt. Ein Problem kristallisiert sich jedoch immer mehr heraus, die extreme Kälte zehrt immer mehr Energie aus den letzten Reserven.

„Nach der 7. Auffahrt um 22:00 Uhr bin ich so leer, dass ich jetzt auf keinen Fall nochmal starten kann. Ich versuche meine Akkus irgendwie zu füllen, deshalb lege ich mich nochmal hin, um mir eine Stunde Schlaf zur Erholung zu geben. Das hat schon oft funktioniert. Ich brauche noch 4 Stunden zum Gipfel und die 24h Zeit für die Aufgabe laufen ab. Deshalb klingelt bereits um 23:00 Uhr der Wecker und ich steige aus dem Bett. Ich gehe in mich, checke meinen Energiestatus und muss realisieren, dass ich jetzt wirklich an einem Punkt bin, an dem ich selbst in den letzten Tagen nie stand, es geht nicht mehr. Jetzt stehe ich genau an dieser einen Hürde, über die ich aus eigener Kraft nicht mehr drüber komme. Ist es eine Ausrede? Ich weiß es nicht. Diese Frage lässt sich für mich nicht beantworten. Ich habe entschieden, ich höre auf, ganz kurz vor dem Gipfel. Es ist die leichteste Handlung des gesamten letzten Jahres und doch fast unerträglich schwer. Was soll ich sagen, mir fehlen die Worte.

…das Leben geht weiter, alles ist gut…

Ein paar Minuten später, nehme ich mir kurz Zeit für eine Videobotschaft. Darin erkläre ich kurz das Ende der Tour und stelle dabei klar. Es gibt doch noch ein größeres Ziel: Gesund heimkommen, meine Familie wiedersehen, neue Abenteuer und Erlebnisse planen und umsetzen, jeden Tag neu erleben und mit allen Sinnen erfahren, ich freue mich drauf.

Symbolisch stand ich auf den höchsten Punkten unserer Welt. Und von dort oben bleibt einem fast nichts verborgen, alles zeigt sich. Wenn ich nun mit etwas Abstand auf das letzte Jahr und ganz besonders auf die 9 Tage im Juli zurückblicke, bleibt eine neue Erkenntnis stehen. Und diese möchte ich in eine Botschaft umwandeln. Es lohnt sich auf jeden Fall an sich zu glauben auch wenn’s mal nicht so rund läuft. Wir haben ein schier unerschöpfliches Potential in uns. Jeder Mensch bekommt ein reiches Vermögen mit auf seinen Weg, verpackt in einer Schatzkiste, auf der er sitzt. Wir haben unsere gesamte Lebenszeit die Möglichkeit aufzustehen, unsere Schatzkiste zu öffnen und damit unser gesamtes Potential zu entwickeln und uns zu entfalten. Was hält uns zurück? Und wenn wir uns gemeinsam auf den Weg machen und uns ergänzen, können wir noch viel mehr schaffen. Allein der Gedanke, dass ich mit jedem Höhenmeter, sogar mit jeder Pedalumdrehung Kinder in Not unterstützen kann, gibt mir mehr Kraft als jeder Energieriegel der Welt. Probiere es aus!

Daten und Zahlen im Rückblick

Gesamthöhenmeter an den sieben Tagen         41633 hm

Fahrtstrecke                                                          1175 km

Fahrtzeit                                                                   76 Std

 

Die Seven Summits                                               

Gipfel

Kontinent

HM -Plan

HM-real

Datum

Triple Stelvio 4990

Puncak Jaya /Australischer

4884

5235

Sa 02.07.

Ötztalmarathon 5510

Elbrus/ Europa

5642

5933

So 3.07

Sellaronda 5 x 1700

Aconcagua/Südamerika

6961

6951

Di 5.07.

Großglockner 3 x Edelweißspitze 5900

Kibo/Afrika

5895

5564

Mi 2.07.

Kitzbühler Horn 4 mal a 1200

MountVinson/Antarktis

4892

4889

Fr 8.07.

Hochberg/Traunstein 36 x 171hm

Denali/Nordamerika

6190

6157

Sa 9.07.

Roßfeld-Strasse/Alpen

Mt Everest/Asien

8848

6904

So 10.07.

 

 

 

 

 

Gesamt Messner-Liste

 

43312

41633